Widerruf am Messestand

Widerrufsrecht - Kann ein Verbraucher den Kauf am Messestand widerrufen?

Auch Online-Händler Unternehmen präsentieren nicht selten ihre Waren am Stand einer Messe. Gerade bei höherpreisigen Produkten wie Einbauküchen können interessierte Kunden von dem günstigen Preis auf der Internet-Präsenz profitieren, lassen sich auf Messen aber die Möglichkeit einer persönliche Beratung und Planung nicht entgehen. Schließt der Verbraucher den Kaufvertrag ab, stellt sich für Käufer und Verkäufer die Frage nach dem Widerrufsrecht. Mit diesem Fall beschäftigte sich Anfang 2017 das Oberlandesgericht München und gab in seinem Urteil dem Verkäufer recht. Das Gericht führte aus, dass Verbrauchern nur bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen Verträgen ein Widerrufsrecht zusteht, was in diesem Fall jedoch nicht gegeben ist.

Ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag liegt gemäß § 312 Abs. 1 Nr. 1 BGB dann vor, wenn bei gleichzeitiger Anwesenheit von Verbraucher und Unternehmer ein Vertrag an einem Ort abgeschlossen wird, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist. Als Geschäftsräume gelten nach § 312 Abs. 2 Satz 1 BGB auch bewegliche Geschäftsräume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt. Aber warum ist diese Unterscheidung zwischen „außerhalb von Geschäftsräumen“ und „in Geschäftsräumen“ geschlossenen Verträgen für das Bestehen eines Widerrufsrechts so entscheidend? Beim Ansprechen auf der Straße oder im Park muss der Verbraucher nicht mit einem Vertragsangebot rechnen, da der Verkäufer dort nicht gewöhnlich sein Gewerbe ausübt. Dazu führt das Gericht aus:

"Für die Bestimmung des Bedeutungsgehalts des Begriffs „für gewöhnlich“ in § 312 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist daher allein auf den Schutzzweck des in § 312 g Abs. 1 BGB i. V. m. § 312 b BGB normierten Widerrufsrechts abzustellen. Wie vom Landgericht zutreffend dargestellt, besteht dieser ausweislich des Erwägungsgrundes 21 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.10.2011 darin, den Verbraucher vor dem möglicherweise bestehenden psychischen Druck, der außerhalb von Geschäftsräumen besteht, bzw. dem Überraschungsmoment zu schützen"

Eine solche Überrumplungssituation bzw. ein gewisser psychischer Druck besteht bei einer solchen Messe aus Sicht des Gerichts für den Verbraucher nicht. Für den Abschluss eines Kaufvertrags am Messestand ist eine gut durchdachte Entscheidung möglich. Zudem ist auf einer Messe mit einer Ausübung einer Geschäftstätigkeit durch den Unternehmer zu rechnen, so dass eine Überraschung oder ein besonderer Druck für den Kunden nicht entstehen kann. Damit besteht keine "Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers, auf Messen in Bezug auf fachfremde oder mit dem Thema der Messe bzw. der Ausstellung nicht in Zusammenhang stehende Waren aber schon".

Der am Messestand geschlosse Kaufvertrag über eine Einbauküche konnte nach Ansicht des OLG München nicht widerrufen werden. Da es auch gegenteile Gerichtsentscheidungen zu diesem Thema gibt, wurde die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Der BGH hat am 13.07.2017 dem Gerichtshof der Europäischen Union die offenen Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Erst danach ist mit einer klaren Rechtslage zu rechnen.


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Tags: Wettbewerbsrecht, Widerrufsrecht, Verbraucherschutz, Abmahnung Wettbewerbsrecht

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